Der Anschlag ist in erster Linie ein Begriff der Agitation. Und der Agitator ist ein Unruhestifter. Im Positiven vermittelt er das mit einer Botschaft oder mit einer Haltung. Er begibt sich in Kommunikation darüber, was ihn umtreibt, was ihn beschäftigt, was er liebt, was er hasst, was er verändern will und darüber, wofür es sich für ihn zu kämpfen lohnt.
Der Anschlag als Möglichkeit des Positionierens oder des »sich in Postition bringens« ist für den künstlerischen Prozess essentiell und letztlich auch ein Gradmesser für gestalterische Qualität. Zwischen Suchen und Finden, zwischen Frage und Behauptung oszilliert der gestalterische Prozess, wobei eine zwingende Frage ebenso signifikant sein kann, wie eine deutliche Antwort.
Der Anschlag in Berlin hat Geschichte und kommentiert permanent und penetrant das gesellschaftspolitische und ästhetische Geschehen. Gerade das Plakat als Zeitgeistmedium demonstriert dies exemplarisch. Plakate sind überall anzutreffen, in der letzten dunklen nach Urin riechenden Nische Berlins wie im musealen White-Cube.
Der Anschlag als Plakat, denn hier entspringt das Wort, hat sich als eigenständiges Kunstmedium platziert. In Berlin, wie kaum sonst wo, hat das Plakat den Zeitgeist visualisiert, von seinen Wurzeln in der Malerei und Illustration, über das Berliner Sachplakat des frühen 20. Jahrhunderts zum popkulturellen Medium und zur künstlerisch-gestalterischer Ausdrucksform von heute.
Die Anschläge in dieser Ausstellung handeln von diesen Prozessen. Und sie sind eine Bestandsaufnahme des zeitgenössischen Plakatschaffens. Anschlag Berlin versammelt eine Auswahl an Werken renommierter Berliner Gestalter von internationalem Rang sowie einige Nachwuchspositionen, die die kommende Ästhetik des Mediums prägen werden.
Fons Hickmann & Sven Lindhorst-Emme